The Cultural Hostel

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FinKa Hostel: Die Geschichte einer Verwandlung.

von | Okt. 6, 2025 | Geschichte und Kultur, Gastfreundschaft, Leo und Ich - die Hosts, Reisen und Erleben | 0 Kommentare

Alles begann, als Leo gerade mal zwei Jahre alt war – und ich selbst noch nicht mal das Licht der Welt erblickt hatte. Und doch sollte ein unscheinbarer Spatenstich in Mals unser Leben verändern. Niemand ahnte, dass damit unsere Zukunft als FinKa Hosts bereits vorherbestimmt war.

1968 – ein Jahr, das nicht nur unsere Zukunft prägen, sondern zum Inbegriff eines ganzen Lebensgefühls werden sollte. Die Beatles sprengten mit dem White Album die Charts, Hippie-Kleider flatterten im Sommerwind, und die Menschheit stand kurz davor, den Mond zu erobern.

Und in Mals? Da betonierte man das Fundament für eine neue Finanzkaserne, auf dem fünfzig Jahre später die Reisewelt im Vinschgau ihren ganz eigenen Groove entwickeln sollte. Diese Kaserne wurde schließlich zum FinKa Hostel.

Der Bau der Kaserne.

Wenn man die Geschichte des FinKa Hostels – von der Kaserne zum Hostel – erzählen will, kommt man an einem Mann nicht vorbei: Josef, oder wie man ihn nannte, Giuseppe Theiner. Damals besser bekannt als der Mohrenwirt von Burgeis. Wirt, Geschäftsmann, Menschenkenner – mit einem feinen Gespür für lukrative Deals.

Im Auftrag der Guardia di Finanza ließ er auf seinem Grundstück in der Bahnhofstraße von Mals eine neue Kaserne errichten. Das Geschäft war ebenso simpel wie clever: Giuseppe baute auf eigene Kosten, die Finanzpolizei mietete das fertige Gebäude langfristig an.

Im Juli 1968 fiel der Startschuss, und bereits im Dezember desselben Jahres hielt Giuseppe stolz die offizielle „Bewohnbarkeitsbescheinigung“ in den Händen. Der Mietvertrag wurde über eine stolze Summe von 3 Millionen Lire pro Jahr abgeschlossen, und kurz darauf bezogen die Fiamme Gialle – eine Bezeichnung der Finanzpolizei in Italien – ihr neues Quartier in Mals.

Auszug aus der Bewohnbarkeitsbescheinung vom 30.12.1968.

Die Einweihung mit dem Kardinal aus Palermo.

August 1969. Die Sonne brannte auf die frisch geteerte Einfahrt der neuen Kaserne. In der Bahnhofstraße von Mals herrschte Aufregung und Prominenz von weit und fern fand sich zur Einweihung der Kaserne ein. Am Fahnenmast flatterte die Trikolore und durch die Eingangstür wurde ebenso ein Trikoloreband gespannt.

Auf dem Foto ist Kardinal Francesco Carpino abgebildet, während er die Segensworte zur Einweihung der Finanzkaserne in Mals 1969 sprach.

Den geistlichen Segen spendete niemand Geringerer als seine Eminenz Monsignore Francesco Carpino, seines Zeichens Erzbischof und Kardinal von Palermo. Mit ruhiger Geste hob er die Hand und sprach die Segensworte, während Weihrauch in der warmen Sommerluft schwebte und die Menge ehrfürchtig schwieg. Nur die Kameras der Pressevertreter klickten, um diesen Augenblick zwischen Andacht und Neubeginn für die Ewigkeit festzuhalten.

Im Anschluss an die Segnung ergriff der Hausherr der Kaserne Capitano Corrado das Wort: „Dieser Tag schlägt ein neues Kapitel für unsere Kommandatur auf. Wir haben ein Hauptquartier, das allen Anforderungen entspricht, um die operativen Aufgaben – insbesondere den Schmugglerbekämpfungsdienst in den Grenzgebieten des Obervinschgaus und in der Talsohle – effektiv durchführen und steuern zu können. In diesem dreistöckigen Bau werden rund vierzig Kollegen der Guardia di Finanza ein neues Zuhause finden, hier leben und arbeiten.“

Presseartikel aus der Zeitschrift Alto Adige.

Und so sollte es bleiben, bis 2005, als die Kaserne aufgelöst und die letzte Einheit abgezogen wurde. Das Tor fiel ins Schloss, und über Jahre blieben die Fensterläden unten. Fünfzehn Jahre lang stand die Kaserne so da, dem Zahn der Zeit preisgegeben, von der Außenwelt abgeriegelt, ein stummer Koloss inmitten von Mals.

Plan B und plötzlich war alles möglich.

Frühjahr 2019. Juliane und ich standen vor dem verschlossenen Kasernentor und warteten auf Rudi Theiner – Giuseppes Sohn, der uns die alte Finanzkaserne zeigen wollte. Das Motiv der Besichtigung hatte zunächst ganz und gar nichts mit einem Hostel zu tun.

Die ehemalige Finanzkaserne wie sie früher in den 1970er Jahren ausschaute.

In Zusammenarbeit mit uns – wir waren zu diesem Treffen als Vertreter:innen der Sozialgenossenschaft VISO (siehe Infos unten) gekommen – wollte ein großes Südtiroler Hilfswerk in der ehemaligen Kaserne ein Arbeiterwohnheim verwirklichen.

Es folgten Wochen voller Besprechungen und Kalkulationen. Wir saßen in Sitzungen mit Vertreter:innen des Hilfswerks, Politiker:innen und Beamt:innen – und alle suchten fieberhaft nach einem Weg, das Projekt irgendwie finanzierbar zu machen. Zahlen wurden hin- und hergeschoben, neu gerechnet, wieder verworfen. Doch irgendwann war klar: Plan A war zum Scheitern verurteilt. Die Kosten liefen davon, die Zuschüsse reichten nicht, und selbst der motivierteste Taschenrechner gab irgendwann auf. Als das Vorhaben schließlich eingestampft wurde, weinte ihm niemand von uns eine Träne nach.

Im Gegenteil: Es fühlte sich wunderbar an. Denn schon bei der ersten Besichtigung hatten Juliane und ich gespürt, dass diese alte Finanzkaserne zu etwas ganz anderem bestimmt war – zu etwas Lebendigem, Offenerem, vielleicht sogar Einzigartigem.

In dem Moment, als Plan A kippte, katapultierte er unseren Plan B mit voller Kraft in die Sphäre des Möglichen. Es war diese verrückte Idee, die schon seit einiger Zeit in uns Konturen annahm – die alte Finanzkaserne in ein Hostel zu verwandeln. Sie ins neue Jahrtausend zu führen.

Und so begannen wir, Schritt für Schritt, für die ehemalige Kaserne eine neue Ära einzuleiten – eine, die Vergangenheit und Zukunft in ungezwungener Weise miteinander verbinden sollte.

Die Idee vom Kopf auf die Füße stellen.

Und nun ging’s ans Eingemachte – die Idee sollte Wirklichkeit werden. Von allen Seiten prasselten bürokratische Vorgaben auf uns ein. Von oben drückte der Kaufpreis, von unten mussten wir ihn mit Eigenkapital und Bankfinanzierungen abfedern – also all das, was eben dazugehört, wenn man eine ehemalige Kaserne in ein Hostel verwandeln will.

Ein Spaziergang war das beileibe keiner. Jeder Schritt brachte neue Formulare, neue Fragen, neue Herausforderungen. Doch am 12. Dezember 2019 war es so weit: Wir hielten endlich den Vorkaufvertrag in den Händen.

Dann rollte Corona heran – und die Welt stand still. Uns drängte sich die Frage auf, ob wir unser Vorhaben stoppen oder weitermachen sollten. Aber getreu dem Motto „Mut zahlt sich aus“ drückten wir wieder aufs Gaspedal.

Und so fuhr ich am 16. April 2020, mitten im Lockdown, allein auf weiter Flur nach Meran zum Notar. Im Gepäck: drei Schecks, um den Kaufvertrag endgültig zu besiegeln. Am Ende des Tages war das Werk vollbracht, alles unter Dach und Fach – und der Umbau konnte beginnen.

Der Umbau zum FinKa Hostel – 50 Jahre später.

Das Bild zeigt einen kleinen Bagger auf  der Ebene des abgetragenen Dachgeschosses des FinKa Hostel. Hier befindet sich heute das Stockwerk mit den Rooftopzimmern mit Terrasse.

Es waren alles andere als ideale Bedingungen, mitten in der Corona-Pandemie einen Umbau zu stemmen. Während anderswo die Welt auf Pause stand, begannen wir zu planen, zu rechnen und anzupacken.

Gemeinsam mit Architekt Jürgen Wallnöfer entwickelten wir unsere Vision davon, wie alles einmal werden sollte. An erster Stelle stand für uns, den Charakter der Kaserne zu bewahren – ihr aber zugleich ein neues Gesicht zu geben.

Die Grundidee war klar: Erhalt statt Abriss. In einem solchen Gebäude steckt nicht nur materielle Substanz und eine Menge sogenannter „grauer Energie“, sondern auch eine ideelle Dimension – drei Jahrzehnte voller Geschichten, die von den Menschen erzählen, die hier lebten und arbeiteten.

Wir wollten nichts zerstören, sondern alles nutzen, was irgendwie möglich war. Letztlich war der Umbau eine Mischung aus Improvisation, Upcycling, Handwerk und Beharrlichkeit – und vielleicht genau deshalb so spannend und lebendig.

Die großen Brocken des Umbaus waren schnell ausgemacht: der neue Liftschacht, die Feuertreppe und das Dachgeschoss, das wir komplett abtrugen und in moderner Holzbauweise wieder aufsetzten. Hier entstanden später die Rooftop-Suiten – lichtdurchflutet, offen und doch in Harmonie mit der alten Struktur.

Im Inneren wurden Wände versetzt, neue Öffnungen geschaffen, alte zugemauert. Jedes Zimmer bekam ein eigenes Bad mit Dusche und WC – ein Komfort, von dem die Finanzer damals wohl nur träumen konnten.

Auch energetisch dachten wir weiter: Anschluss an die Fernheizung, dazu eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und an der Terrassenbrüstung. Heute decken wir damit rund 55 % unseres Energiebedarfs.

So wurde aus der alten Kaserne ein modernes Gebäude mit Charakter und Haltung – nachhaltig, funktional und zukunftsorientiert.

Vom Bauunternehmen über den Zimmermann, Tischler, Elektriker und Hydrauliker bis hin zum Maler kamen alle Betriebe aus dem Obervinschgau. Und das war kein Zufall: Wir wollten, dass die Wertschöpfung dort bleibt, wo sie hingehört – im Tal.

FinKa Hostel: Hier entsteht der Liftschacht auf dem später das Kunstwerk von Esther Stocker angebracht wurde.

Die Zusammenarbeit war geprägt von großem handwerklichem Können, viel Erfahrung und einer gesunden Portion Improvisation. Alle brachten ihr Wissen und ihre Fähigkeiten ein; viele Lösungen entstanden direkt auf der Baustelle – spontan, pragmatisch und auf den Punkt genau.

Krönender Abschluss war das Kunstwerk von Esther Stocker, das heute auf dem Liftschacht prangt. Nach ihrem Entwurf wurde das schwarz-weiße Motiv aus scheinbar zufällig angeordneten und doch harmonisch wirkenden Quadern auf einer Fläche von 3 × 16 Metern an der Fassade umgesetzt – und verewigt. Damit reiht sich die FinKa in Mals in die lange Liste jener Museen, Galerien, Firmen- und Wohngebäude ein, die Esther Stocker auf der ganzen Welt mit ihrem unverwechselbaren Stil versehen hat.

Das Kunstwerk von Esther Stocker an der Fassade des FinKa Hostel. Im Hintergrund sieht man das Ortlergebirge.

Die Eröffnung des FinKa Hostels – eine neue Ära.

Im Sommer 2021 war es schließlich so weit. Die Finka öffnete ihre Türen und damit wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Was früher ein Ort der Disziplin und Kontrolle war, ist nun ein Ort der Begegnung. Reisende aus aller Welt kommen seither hierher, um zu übernachten oder um ein paar Tage im Vinschgau zu verbringen. Es ist fast so, als hätte die alte Kaserne immer schon drauf gewartet, genau das zu werden, was sie jetzt ist: Ein Zuhause auf Zeit, an dem sich Reisende und ihre Geschichten kreuzen.

Oh – jetzt ruft mich Leo in die Küche, die Arbeit wartet. Schließlich werden unsere Gäste nicht durch die hier niedergeschriebenen Zeilen satt. Die Knödel fürs Abendessen müssen noch fertig zubereitet werden.

Kurz und Knapp:

Vom streng bewachten Ort zur offenen Herberge: Die Geschichte des FinKa Hostels beginnt 1968 mit dem Bau der Finanzkaserne in Mals – und findet über fünf Jahrzehnte später ihre Verwandlung in ein Hostel mit Flair.

Giuseppe Theiner, Wirt und Unternehmer, ließ das Gebäude einst für die Guardia di Finanza errichten. Nach Jahren des Leerstands entdeckte die Sozialgenossenschaft VISO 2019 das Potenzial der alten Mauern neu. Mit Mut, Beharrlichkeit und viel Improvisation wurde aus Beton Geschichte und aus Geschichte Zukunft.

Heute steht die FinKa für das, was bleibt, wenn man Altes nicht abreißt, sondern neu belebt: ein Ort der Begegnung, offen, ehrlich und voller Erlebnisse – vom Liftschacht mit dem Kunstwerk von Esther Stocker bis zur Küche, wo Leo die Knödel fürs Abendessen vorbereitet.

Was ist die VISO?

Die VISO Sozialgenossenschaft wurde 2013 in Mals gegründet. Ihr Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen eine berufliche Perspektive zu geben und sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Neben einem Reinigungsbereich führt die VISO zwei Schülerheime mit Mensa – und seit 2021 auch die FinKa. Der Umbau der ehemaligen Finanzkaserne war eines ihrer mutigsten Projekte: sozial, nachhaltig und mit regionaler Handschrift umgesetzt.

Was bedeutet der Name „FinKa“?

Der Name spielt auf die Geschichte des Gebäudes an – Finanzkaserne – und erinnert gleichzeitig an das spanische Wort Finca, das für Sonne, Gastfreundschaft und Lebensfreude steht. Ein Name, der Alt und Neu, Südtirol und Welt verbindet.

Was macht das FinKa Hostel besonders?

Die FinKa ist kein Hotel, sondern ein Hostel mit Haltung. Alte Substanz trifft auf neue Ideen: Vintage-Möbel, nachhaltige Materialien, eine Terrasse mit Blick auf den Ortler und jede Menge Seele. Hier darf das Leben noch unperfekt, echt und überraschend sein.

Wer ist Esther Stocker?

Esther Stocker ist eine international bekannte Künstlerin aus Südtirol. Geboren in Schlanders, lebt und arbeitet sie heute in Wien. Ihre Werke sind geprägt von klaren Linien, geometrischen Formen und einer reduzierten schwarz-weißen Ästhetik, die Raum und Wahrnehmung in Beziehung setzt. Ihre Arbeiten finden sich in Museen, Galerien und öffentlichen Gebäuden auf der ganzen Welt.

Was zeigt das Kunstwerk von Esther Stocker an der FinKa?

Das Kunstwerk auf dem Liftschacht der FinKa wurde nach einem Entwurf von Esther Stocker realisiert. Auf einer Fläche von 3 × 16 Metern zieht sich ein schwarz-weißes Muster aus scheinbar zufällig angeordneten, aber harmonisch wirkenden Quadern über die Fassade. Es spielt mit Perspektive, Bewegung und Ordnung – und bildet einen spannenden Kontrast zur rauen Geschichte des Gebäudes. Ein starkes visuelles Statement für die Verwandlung der alten Finanzkaserne in ein offenes, lebendiges Haus.

Warum haben wir uns entschieden, die alte Kaserne zu erhalten statt sie abzureißen?

Weil in alten Gebäuden mehr steckt als nur Beton und Ziegel. In der ehemaligen Finanzkaserne war über Jahrzehnte Energie, Arbeit und Geschichte gebunden – das, was man heute „graue Energie“ nennt. Ein Abriss hätte all das zerstört.
Stattdessen wollten wir zeigen, dass man mit Respekt, Kreativität und handwerklichem Können Neues schaffen kann, ohne das Alte zu verleugnen. Erhalt statt Abriss – das war unser roter Faden, architektonisch und philosophisch zugleich. So ist aus einem Ort der Kontrolle ein Ort der Offenheit geworden.

Kann man im FinKa Hostel einfach vorbeikommen?

Ja! Ob für eine Übernachtung, einen Kaffee im Garten, ein Wohnzimmerkonzert oder einfach, um mal Hallo zu sagen – die Türen der FinKa stehen offen.

Lust, selbst Teil der Geschichte zu werden? Dann komm zu uns!

📩 Reservierung und Zimmerbuchung: info@finka.it
📞 Telefon: +39 0473 427040
🌐 www.finka.it

Quellenverzeichnis:

Esther Stocker
https://de.wikipedia.org/wiki/Esther_Stocker
https://www.estherstocker.net/

Zur Philosophie „Erhalt statt Abriss“ – Never demolish. Always transform.
Never demolish. Always transform.


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