Knödel-Philosophie im FinKa Hostel: In der FinKa in Mals wird das Knödelmachen zur Herzenssache – und Leo zeigt, wie aus Brot und Milch Kultur entsteht.
Vieles haben wir ja schon über unsere Knödel in der FinKa berichtet, gepostet und in die Welt hinausposaunt. Heute aber gehen wir ins Detail – bis hin zum Rezept, das wir am Ende verraten werden. Die Zubereitung unserer Knödel ist eine Kunst für sich – fast schon eine philosophische Ertüchtigung. Vor allem Leo – dieser alte Knödelmeister – hat den Ruf, die echten Obervinschger Knödel so zuzubereiten, wie sie sein sollen.
Schon als kleiner Junge durfte er seiner Großmutter beim Knödelmachen über die Schultern schauen – und sie wiederum hatte das Wissen von ihrer Mutter und Großmutter übernommen. Ein Wissen, das tief in der Südtiroler Kulinarik verwurzelt ist und bis heute weitergegeben wird – von Alt zu Jung, von Generation zu Generation.
Dabei unterscheidet sich der Obervinschger Knödel von allen anderen auf dieser Welt: Er muss rouglig sein, er wird nicht gerollt, sondern geformt. Zudem wird er nicht gesotten, sondern gedämpft. Aber bevor wir diese Unterschiede genau bestimmen, werfen wir erst einen Blick auf die Geschichte dieses Kulturgerichts.
Die Geschichte der Knödel – von Hocheppan bis in die FinKa
Das wohl älteste Zeugnis der berühmtesten Südtiroler Leibspeise befindet sich auf einem Freskenzyklus aus der Zeit um 1200 in der kleinen Burgkapelle von Hocheppan. Zwischen biblischen Szenen, wie der Geburt Christi, ist eine Frau zu sehen, die sogenannte Knödelesserin, die aus einem großen Tiegel über offenem Feuer eine Knödel herausnimmt und kostet. Und so wurde die Knödelesserin zur ikonischen Figur, zur Legende und zur inoffiziellen Schutzpatronin all derer die mit derselben Hingabe die Knödel formen wie Leo.

Wie es mit den Südtiroler Knödeln nach der Knödelesserin weitergegangen ist, liegt im Dunkeln – historische Quellen dazu sind rar. Fest steht jedoch: Der Knödel war seit jeher der Inbegriff der Resteverwertung und Teil der „armen Leute Küche“.
Vor allem auf den Bauernhöfen, wo man Selbstversorger war, spielte der Knödel eine zentrale Rolle. Brot, Milch, Käse, Speck und Eier – all das stammte vom eigenen Hof. Der Knödel war das perfekte Gericht, um diese Zutaten zu verbinden und Reste sinnvoll zu verwerten. Vor allem sonntags kam er auf den Tisch, meist zusammen mit Sauerkraut – einfach und sättigend.
Mit dem aufkommenden Alpentourismus im 19. Jahrhundert wanderte der Knödel aus der Bauernküche in die Gasthäuser. Reisende aus England, Österreich, Deutschland oder Italien entdeckten ihn als das Tiroler Gericht. Der Begriff „Tiroler Knödel“ taucht in alten Hotelführern und Kochbüchern als eigene Kategorie auf – ein Stück bäuerlicher Alltag, das plötzlich zur kulinarischen Identität einer ganzen Region wurde.
Und so hat der Knödel seinen Weg durch die Jahrhunderte zurückgelegt: Vom religiösen Symbolbild auf dem Fresko des 13. Jahrhunderts über die pragmatische Resteverwertung in der bäuerlichen Küche bis hin zum kulinarischen Aushängeschild Südtirols im 20. Jahrhundert.
Knödel-Philosophie im FinKa Hostel und die feinen Unterschiede.
Als geschulter Philosoph fällt es mir – im Gegensatz zur historischen Abhandlung – deutlich leichter, über die Knödelphilosophie zu schreiben. Dabei fahre ich nun mit einem ganz Großen ins Feld: Pierre Bourdieu und seinem Hauptwerk „Die feinen Unterschiede“.
Bourdieu zufolge sagt der Geschmack eines Menschen mehr über seine Herkunft und seinen Platz in der Gesellschaft aus als jedes Stammbuch. Denn selbst Essgewohnheiten markieren soziale Grenzen: Wer Austern isst, will sich unterscheiden und abheben – wer Knödel isst, will Gleicher unter Gleichen sein.
Der Knödel ist in diesem Sinne ein demokratisches Gericht. Er kennt keine Eitelkeit, keinen Überfluss, keine Inszenierung. Er entstand dort, wo die Not groß war – und wo man mit dem auskommen musste, was man zum Leben hatte. Der Knödel steht für das, was man heute gemeinhin gern als nachhaltig bezeichnet. In früheren Zeiten war es einfach nur vernünftig, mit dem zu überleben, was man hatte. Er ist Ausdruck eines Weltverhältnisses, das sich auf das Wesentliche konzentriert: Nichts wird verschwendet, alles wird verwendet.
Das ist nicht Armut, das ist Kultur – die Kunst, aus dem Wenigen etwas Wertvolles zu schaffen. Der Knödel ist das beste Beispiel dafür, dass das Gute nicht vom Überfluss kommt, sondern vom Einfallsreichtum, das zu nutzen, was da ist.

Vielfalt in der Gleichheit – Obervinschger Knödel und ihre Eigenheiten
Natürlich gibt es auch bei den Knödeln Unterschiede – zwischen Suppenknödeln und Käseknödeln, zwischen Leber- und Spinatknödeln und vielen anderen mehr. Worin sie sich in ihrer Vielfalt aber gleichen: Sie sind alle rund. Und dann gibt es noch die regionalen Unterschiede, oder besser gesagt „Eigenheiten“, die sich von Tal zu Tal unterscheiden können. Im Obervinschgau sind wir hier noch einen Tick besonderer, denn hier müssen die Knödel rouglig sein und sie werden nicht in der Suppe gesotten, sondern gedämpft. Auf das legen wir hier und in der FinKa großen Wert. Auf das achtet Leo ganz penibel, denn für ihn ist es klar: Ein zu glatter Knödel, der noch dazu in der Suppe blubbert, hat im Obervinschgau nichts verloren.
Noch dazu sind wir in der FinKa puristische Traditionalisten – bei uns kommen nur Käse- und Speckknödel auf den Teller. Ganz ernst sollte man diesen Traditionalismus allerdings nicht nehmen. Und was ich jetzt sage, müssen wir auch nicht zu laut in der Öffentlichkeit breit treten: Er – unser Traditionalsimus – ist nämlich auch unserem Arbeitsaufwand – oder, je nachdem wie man’s sehen will, unserer Arbeitsmoral – geschuldet. Beides halten Leo und Ich gern im Rahmen. Weitere Sorten, wie etwa Spinat- oder Rohnenknödel, würden das Ganze wohl nur unnötig überfrachten.
Soweit so gut mit Arbeitsmoral und Knödelphilosophie – jetzt ist es soweit: Leo soll endlich mit seinem Rezept rausrücken!
Das Knödelrezept – direkt aus der FinKa-Küche

Ich: So, Leo – jetzt verrate uns mal dein Rezept. Wir haben lange drauf gewartet.
Leo: Sell moch i gearn, Schascha!
(Anmerkung: Leo nennt mich gern „Schascha“ – mit zwei „sch“, versteht sich.)
Ich: Du machst in der FinKa ja zweierlei Arten von Knödel – Speck- und Käseknödel. Wie laufen da die Vorbereitungen?
Leo: Für beide braucht’s das Gleiche: Knödelbrot, Eier, Schnittlauch und a bissl Milch. Für die Käseknödel natürlich an g’scheiten Kaas – und für die Speckknödel an g’scheiten Speck. Ich zeig euch das Rezept jetzt einmal mit einem halben Kilo Knödelbrot. Ein halbes Kilo ist ein gutes Maß. Es ist nämlich schwierig zu sagen: „Das ist jetzt das Rezept für vier Personen.“ Das hängt nämlich davon ab, wie groß man die Knödel macht. Wenn ich zum Beispiel Hunger hab, dann werden sie bei mir gern mal ein wenig größer – und wenn nicht, dann halt kleiner. Bei einem halben Kilo Knödelbrot werden vielleicht auch fünf Personen satt – vier auf jeden Fall.
Ich: Okay, ich verstehe. Also, nun hast du die Menge des Knödelbrots exakt bestimmt. Wie geht es weiter?
Leo: Das ist eine gute Frage Schascha. Weiter geht’s, indem man das Knödelbrot in eine große Schüssel gibt. Dann schneide ich den Schnittlauch – nicht zu viel und nicht zu wenig – und geb ihn gleich dazu.
Je nachdem, ob du Speck- oder Käseknödel machst, musst du jetzt den Käse oder den Speck in kleine Stücke schneiden. Und auch hier gilt dasselbe Prinzip: nicht zu viel, nicht zu wenig.
Ich: Leo, ich bewundere dich, wie präzise du die Mengen angibst.
Leo: Ja, das stimmt schon – das ist halt jahrelange Erfahrung. Irgendwann entwickelst du dafür einfach das Gefühl.
Aber weiter: Den Speck in der Butter leicht anschwitzen (rösten) und danach gibst ihn dann zum Knödelbrot. Wenn du Käseknödel machst, kommt der Käse natürlich ohne anschwitzen direkt zum Brot.

Und jetzt zu den Goggelen – also den Eiern. Auf ein halbes Kilo Knödelbrot nehm ich gut und gern sechs bis acht Goggelen, kommt auf die Größe an. Am besten sind sie vom Bauern, wo der Dotter noch so richtig gelb ist.
Ich schlag die Eier in eine Schüssel, verrühr sie gut und geb sie dann zum Knödelbrot. Dann noch ein Schluck Milch – aber ja nicht zu viel! Denn hier trennt sich die Spreu vom Weizen: ob der Knödel rouglig wird oder zu glatt. „Beim Knödel ist’s wie beim Menschen – wenn er zu glatt ist, fehlt ihm der Charakter.“
Der Knödel darf also nicht zu nass sein, aber auch nicht zu trocken. Wenn er zu trocken ist, gib ein bisschen Milch nach. Wenn er zu nass ist – tja, dann hoff, dass du noch Knödelbrot hast. Sonst hast du ein Problem.
Ich: Gehen wir davon aus, dass die Mischung perfekt ist. Aber könntest du dich vielleicht ein bisschen kürzer fassen, sonst wird das hier ein ganzes Buch und kein Rezept.
Leo: Ja, Schascha, das stimmt – aber das meiste ist ja eh schon gesagt. Jetzt müssen die Knödel nur noch richtig geformt werden. Ein richtiger Obervinschger Knödel ist rund, aber mit Ecken und Kanten, weil er eben rouglig ist und nicht zu glatt. Das klingt vielleicht komisch, aber sobald du den ersten Knödel formst, weißt du, was ich meine.
Beim Formen sollten sie nicht zu groß sein – eine gute Hand voll reicht. Du nimmst die Masse, drückst sie leicht zusammen, einmal von der linken in die rechte Hand und wieder zurück. Dann kurz rollen – fertig. Wenn du’s richtig machst, bekommst du aus der Menge acht bis zehn Knödel. Für vier Personen also locker zwei pro Nase – und wenn der Hunger groß ist, dann können zwei Personen auch drei Knödel essen.

Sobald alles geformt ist, bringst du in einem Topf Wasser zum Sieden. Dann setzt du den Dämpfeinsatz ein und legst die Knödel drauf. Ein guter Knödel braucht etwa 15 bis 20 Minuten – dann ist er perfekt.
Beim Käseknödel geb ich gern etwas Parmesan drüber und übergieß alles mit zerlassener Butter. Zum Schluss ein wenig Schnittlauch – oder ein Zweig Rosmarin obendrauf, damit’s schön ausschaut. Ein Krautsalat gehört natürlich dazu – gut abgemacht mit Essig, Öl, Salz, Pfeffer und, ganz wichtig, ein wenig Kümmel. Vor allem den Speckknödel muss man mit Krautsalat essen.
So, Schascha – jetzt hab ich alles erklärt. Ich freu mich, wenn ich Rückmeldungen krieg, wie euch die Knödel gelungen sind.
Sascha: Danke, Leo. Wir lassen’s uns schmecken! Und an euch: Danke für eure Geduld.
Kommt vorbei in der FinKa – dann könnt ihr Leos Knödel selbst probieren und sehen, wie nah ihr schon dran seid am großen Knödelmeister.
Bis bald – und Grüße aus der FinKa!
Kurz und Knapp:
Von der Knödelesserin in der Burg Hocheppan bis zu Leo in der FinKa spannt sich ein weiter Bogen – fast ein ganzes Jahrtausend Südtiroler Esskultur. Was damals noch als profane Alltagsszene an eine romanische Kapellenwand gemalt wurde, ist heute ein Stück Identität. Der Knödel ist geblieben – als Symbol für Einfallsreichtum, Bescheidenheit und als Inbegriff der Armen Leute Küche in Südtirol.
Knödel-Philosophie im FinKa Hostel: Hier entsteht eine Verbindung von Tradition und Genuss.
In der FinKa sehen wir das genauso. Ein Knödel ist keine bloße Speise, sondern eine Haltung: einfach, locker und mit Ecken und Kanten – rouglig, wie man im Obervinschgau sagt. Bei uns im Obervinschgau und der FinKa wird der Knödel nicht in der Suppe ertränkt, sondern sanft gedämpft. Er wird nicht perfekt gerollt, sondern geformt. Ein Knödel braucht keine Grammangabe, sondern Gespür. Und wer Leos Knödel einmal gegessen hat, versteht diesen feinen Unterschied.
Der Knödel hat seinen Weg durch die Jahrhunderte zurückgelegt: Vom religiösen Symbolbild auf dem Fresko des 13. Jahrhunderts über die pragmatische Resteverwertung in der bäuerlichen Küche bis hin zum kulinarischen Aushängeschild Südtirols im 20. Jahrhundert.
Was bedeutet „rouglig“ eigentlich?
„Rouglig“ ist ein typisches Wort aus dem Obervinschgau. Es beschreibt etwas Lockeres oder Luftiges. Ein rougliger Knödel hat Struktur, ist unregelmäßig und genau dadurch richtig gut.
Warum werden die FinKa-Knödel gedämpft und nicht gekocht?
Im Obervinschgau ist das Dämpfen Tradition. So bleiben die Knödel rouglig, formstabil und geschmacklich intensiver. Leo sagt: „Ein guter Knödel braucht [einen] Dampf.“
Was unterscheidet Obervinschger Knödel von anderen?
Sie sind etwas Besonderes, sie werden nie in der Suppe gekocht. Stattdessen kommen sie gedämpft auf den Teller – mit Butter, Parmesan und einem Hauch Schnittlauch. Das wichtigste Merkmal: Sie sind rouglig, also rund und eckig in Form und Geschmack.
Wer ist Leo, der Knödelmeister der FinKa?
Leo ist mit Sascha einer der beiden FinKa Hosts, Koch und Philosoph in einem. Seine Knödel sind ein kulinarisches Highlight in der FinKa. Er arbeitet ohne Waage, verlässt sich aufs Gefühl und macht damit aus jedem Knödel ein Genusserlebnis.
Welche Knödel gibt es in der FinKa?
Nur zwei – Speck- und Käseknödel. Puristisch, traditionell, echt Obervinschger Art. Alles andere, sagt Leo, „würde den Arbeitsaufwand unnötig überfrachten“.
Gibt’s zur Geschichte des Knödels historische Belege?
Ja – die älteste Darstellung ist die berühmte Knödelesserin im Fresko der Burgkapelle Hocheppan (um 1200). Sie zeigt, dass der Knödel schon im Mittelalter ein fester Bestandteil der Tiroler Alltagskultur war.
Kann man Leos Knödel in der FinKa probieren?
Ja, am besten direkt vor Ort in Mals. In der FinKa kommen die gedämpften Knödel frisch aus dem Topf und werden mit Krautsalat serviert.
Wer jetzt Knödelhunger bekommen hat, sollte sich gleich ein Zimmer in der FinKa sichern!
📩 Reservierung und Zimmerbuchung: info@finka.it
📞 Telefon: +39 0473 427040
🌐 www.finka.it
Quellenverzeichnis:
Burg Hocheppan – die Knödelesserin
https://de.wikipedia.org/wiki/Burgkapelle_Hocheppan
https://hocheppan.it/
Weiterführende Literatur:
Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1982.


0 Kommentare