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Gastfreundschaft und Gastlichkeit in der FinKa

von | Okt. 3, 2025 | Geschichte und Kultur, Gastfreundschaft, Nicht kategorisiert, Reisen und Erleben | 0 Kommentare

Man sagt, die Vinschger hätten Gastfreundschaft im Blut. Klingt erstmal nach Reklame – ist es aber nicht. Vielmehr eine Überzeugung, so tief verwurzelt wie die Apfelbäume im Tal. Und weil wir im Vinschgau bekanntlich gern Beweise liefern, schauen wir genauer hin: mit einer Prise Philosophie, ein paar historischen Fakten – und der nötigen Portion Humor. Schließlich wollen wir ja wissen, was da wirklich durch die Vinschger Venen fließt.

Dazu nun eine gewagte Steilvorlage mit zwei Thesen: Die Wurzeln der Vinschger Gastfreundschaft liegen zum einen in der besonderen Lage des Tals als Durchzugsgebiet, zum anderen in den Lebensbedingungen, die die Menschen hier über Jahrhunderte geprägt haben.

Der Vinschgau als Durchzugsgebiet

Um 15 v. Chr. ging’s im Vinschgau so richtig los: Drusus – Stiefsohn von Kaiser Augustus und Oberbefehlshaber der römischen Truppen – erkämpfte sich die Route durchs Tal und über den Reschenpass. Damit öffnete er die Tür für die Ausdehnung des Römischen Reichs bis ins nördliche Alpenvorland.

Diese erste Verbindung wurde später unter Kaiser Claudius zur legendären Via Claudia Augusta ausgebaut. Sie führte von Verona durchs Vinschgau bis nach Donauwörth bei Augsburg. Über 560 Kilometer erstreckte sich dieser antike Highway – die Lebensader für Handel, militärische Zwecke und kulturellen Austausch im Römischen Reich.

Alle Wege führen nach Rom

Heute zählt die Via Claudia Augusta zu den bekanntesten Fernwegen – als Wanderroute und Radweg. Viele, die unterwegs sind, machen dabei auch einen Zwischenstopp in der FinKa in Mals (www.finka.it). Zur Römerzeit allerdings war sie mehr als ein Freizeitweg: Sie verband den Süden Europas mit dem Norden – vom Hafen Altinum bei Venedig bis nach Augsburg, mitten hinein in die damals bekannte Welt.

Und auch wenn es die FinKa damals noch nicht gab: Mals war schon mittendrin. Der Ort lag wie ein Scharnier zwischen Nord und Süd, Ost und West. Hier kreuzte sich die große Nord-Süd-Achse mit der Route nach Chur in die Westalpen. Kein Wunder also, dass sich in und rund um Mals ein reges Siedlungsleben entwickelte und die Römer hier eine Straßenstation – eine Mansio – einrichteten: Rastplatz für Soldaten, Händler und später auch Pilger. Dort bekam man Unterkunft, Verpflegung – und ganz nebenbei die neuesten Nachrichten aus der damaligen Welt.

Kurz gesagt: Mals war bereits vor 2000 Jahren ein weltoffener Treffpunkt. Ein Drehkreuz, wo Wege sich kreuzten, Waren den Besitzer wechselten und Geschichten die Runde machten. Über Jahrhunderte zog es Reisende durchs Tal – und Mals blieb der Knotenpunkt zwischen allen Himmelsrichtungen. Oder, um es mit einem Augenzwinkern zu sagen: Das alte Sprichwort ‚Alle Wege führen nach Rom‘ müsste man wohl erweitern: ‚…und erstaunlich viele davon führten durch Mals.‘

Nach dem Zerfall des Römischen Reichs blieben die großen Handelsrouten bestehen. Aus den römischen Siedlungen und Mansiones wurden im Mittelalter Herbergen und Gasthäuser, in denen Händler und Pilger Unterkunft fanden. Märkte entstanden, die nicht nur Umschlagplätze für Waren waren, sondern auch zu lebendigen Orten des sozialen Lebens wurden.

So entwickelte sich schon früh eine Tradition der Gastfreundschaft: Türen standen offen für Reisende – und die Menschen im Vinschgau lernten, sich immer wieder den wechselnden Bedürfnissen des Fremdenverkehrs anzupassen.

Karte zur historischen Via Claudia Augusta

Harte Lebensbedingungen und die Erfahrung selbst Fremder zu sein

Doch Gastfreundschaft im Vinschgau entstand nicht nur aus der Lage als Durchzugsgebiet. Sie wuchs auch aus den harten Lebensbedingungen hier oben – und aus der Erfahrung, selbst Fremder sein zu müssen.

Die Berge boten Schutz, aber sie schotteten auch ab. Der Boden war karg, die Sommer heiß, die Winter lang und eisig, der Wind oft gnadenlos. Viel mehr als Roggen, Gerste und ein paar Kartoffeln wollte hier nicht wachsen. Mit der Realteilung schrumpfte der Landbesitz über Generationen, dass er viele Familien nicht mehr ernährte. Wer nichts mehr hatte, packte ein paar Habseligkeiten auf einen Karren und zog als „Korrner“ von Dorf zu Dorf – Messerschleifer, Besenbinder, Pfannenflicker. Willkommen waren sie selten, gebraucht wurden sie trotzdem. Man gewährte ihnen einen Schlafplatz oder eine Suppe – vielleicht aus schlechtem Gewissen, vielleicht aus dem stillen Wissen heraus: Das hätte auch uns treffen können.

Gleich hart war das Schicksal der Schwabenkinder. Jeden Frühling zogen Hunderte von ihnen über die Alpen nach Oberschwaben, wo sie auf Kindermärkten als billige Arbeitskräfte an Bauern vermittelt wurden. Für die Familien im Tal waren die paar verdienten Münzen überlebenswichtig, für die Kinder bedeutete es harte Arbeit, Entbehrung und Heimweh. Viele kehrten gezeichnet zurück – früh erwachsen, oft innerlich entfremdet.

Schwabenkind

Auch im 20. Jahrhundert setzte sich die Arbeitsmigration fort: Junge Frauen gingen nach dem Krieg in die Städte Italiens oder in die Schweiz, um als Dienstmädchen zu arbeiten. Sie schickten Geld nach Hause – und brachten nebenbei etwas Wertvolles mit zurück: die Fähigkeit, Gäste zu bewirten, Häuser zu führen, auf Wünsche einzugehen. Fähigkeiten, die später den aufkommenden Tourismus im Vinschgau prägten.

Denn nach den Entbehrungen der Zwischenkriegszeit und dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs erlebte der Vinschgau in den 1950er und 1960er Jahren einen touristischen Aufschwung, der sich zur wichtigsten Einnahmequelle für viele Familien entwickelte. Es entstanden die sogenannten „Fremdenzimmer“, einfache Unterkünfte, die in Privathäusern, Bauernhöfen und alten Gasthäusern eingerichtet wurden und Gäste den sogenannten „Fremmen“ eine schlichte aber authentische Unterkunft in dörflicher Atmosphäre boten.

All das hinterließ Spuren im kollektiven Gedächtnis: Wer selbst Fremder war, wusste, wie wichtig es ist, in der Ferne willkommen zu sein. Vielleicht erklärt genau das, warum die Vinschger bis heute ein besonderes Gespür für Gastfreundschaft haben.

Gastfreundschaft und Gastlichkeit: Foto aus den 1970er Jahren, einer Privatzimmervermieterin in Laatsch (Mals), die gerade Gäste empfängt.

Von der Vinschger Gastfreundschaft zur Gastlichkeit in der FinKa

Zwei Dinge prägen die Vinschger Gastfreundschaft: die jahrhundertelange Übung darin, Reisende aufzunehmen – sie brachten nicht nur wirtschaftlichen Nutzen, sondern auch Geschichten und neue Ideen ins Tal. Und ebenso die Erfahrung der Entwurzelung, des Fremdseins. Diese doppelte Erfahrung ist tief im kulturellen Gedächtnis des Tals verwurzelt und prägt bis heute die Vinschger Gastfreundschaft.

Genau da knüpfen wir in der FinKa an. Wie könnten wir auch anders – wir tragen dieses kulturelle Erbe mit. Aber wir tun es auf unsere eigene Weise, angelehnt an das alte Prinzip der Herberge und der Fremdenzimmer: Orte, die schlicht, offen und ehrlich sind. Orte, an denen man ankommt, ohne großes Theater, und die trotzdem im Gedächtnis bleiben.

So haben wir die FinKa eingerichtet: als Gegenentwurf zu standardisierten Hotels und Tourismusangeboten. Mit Rückzugsnischen und Treffpunkten, einer Selbstversorgerküche und unseren Trattoria-Abenden, einer Bibliothek im Salone, einer alten Badewanne im Garten und einer Bank für alle, die beim Blick ins Tal über Gott und die Welt nachdenken wollen.

Die Idee dahinter ist simpel: Gastlichkeit soll sich frei anfühlen. Niemand muss konsumieren, jeder darf. Wer Lust hat, bringt sich ein Bier aus dem Supermarkt mit. Wer mag, setzt sich zu uns an den Tisch, isst Knödel oder Pizza – und erzählt eine Geschichte.

Kurz: Wir wollten aus der Vinschger Gastfreundschaft unsere ganz eigene Gastlichkeit in der FinKa machen – ehrlich, bodenständig und ein kleines Stück aus der Zeit gefallen.

Solche Orte sucht man auf Reisen ständig – und findet sie selten. Es sind einfache Orte, die durch feine Nuancen und ein Gespür für Atmosphäre und Gastlichkeit den Aufenthalt zeitlos und angenehm machen. Genau darauf haben wir hingearbeitet. Unser Wunsch war und ist es, aus der FinKa einen solchen Ort zu schaffen, eingebettet in die Umgebung, die Kultur und die Geschichte.

Seitenblicke

Leos Knödel-Kunst

Wer in die FinKa kommt, sollte unbedingt Leos Knödel probieren – seine Speck- und Käseknödel sind ein direkter Weg in den Himmel der Gaumenfreuden. Mit welcher Hingabe er sie zubereitet, mit welchem Feingefühl er die Zutaten mischt und formt, bis sie die richtige „rouglige“, also fluffige, Konsistenz erreichen – das ist eine Kunst für sich.

Die typischen "rougligen" Vinschger Knödel. Nach einem Rezept von Leo.

Das strenge Geheimnis der Nonna

Unsere Pizza hat inzwischen Kultstatus. Sie wird nach einem alten süditalienischen Familienrezept mit Lievito Madre zubereitet. Das Rezept verdanken wir einer Nonna aus der Basilikata: Im ersten Jahr der FinKa (2021) wohnten italienische Bauarbeiter bei uns. Als sie unseren Pizzaofen sahen, rief einer von ihnen kurzerhand seine Großmutter an. Sie diktierte uns durchs Telefon ihr Rezept – mit der Bedingung, dass wir auf die heilige Jungfrau Maria schwören, es niemals weiterzugeben. Seitdem hüten wir das Geheimnis wie einen Schatz.

Wohnzimmerkonzerte und Festival

Die FinKa ist nicht nur eine Herberge, sondern auch eine Bühne. Immer wieder verwandelt sich unser Spaccio (Speisesaal) in ein kleines Wohnzimmer für intime Konzerte. Bei diesen Abenden wird gesungen, musiziert und oft bis spät in die Nacht diskutiert und gejammt. Aus diesen losen Veranstaltungen ist inzwischen das Wohnzimmerfestival entstanden – ein Fixpunkt im November, bei dem Singer-Songwriter und Gäste zusammenkommen, essen, trinken und feiern.

Unerwartete Begegnungen

Vielleicht ist das Schönste an der FinKa, dass man nie weiß, wer als Nächstes zur Tür hereinkommt. Mal sind es Radfahrer, die das Stilfserjoch erobern wollen, oder Wanderer auf der alten Römerstraße der Via Claudia Augusta. Mal Abenteurer, die mit ihren Fahrrädern die halbe Welt durchqueren – und erst an der Chinesischen Mauer Halt machen. Mal Menschen aus dem Hochadel, mal Handwerker auf der Walz. Und immer wieder Künstler oder Architekten, die vom Kunstwerk von Esther Stocker gehört haben, das unseren Liftschacht schmückt.

Das ist die Magie und das Flair der FinKa: Sie bringt Menschen zusammen, die sich im Alltag wahrscheinlich nie begegnet wären. Und manchmal reicht schon ein gemeinsamer Abend bei Knödel, Pizza oder einem Wohnzimmerkonzert, um daraus Geschichten zu stricken, die noch lange weitererzählt werden.

Wofür die FinKa steht

Am Ende ist es ganz einfach: Die FinKa ist ein Ort, an dem Gastfreundschaft lebendig bleibt – mit Knödel und Pizza, mit Konzerten und Festivals, mit Begegnungen, die man nicht planen kann. Ein Haus, das bewusst anders tickt: ehrlich, bodenständig, frei.

Wer hierherkommt, soll sich zuhause fühlen – ohne Theater, ohne Zwang, aber mit der Freiheit, eigene Geschichten einzubringen. Vielleicht als Radfahrer auf der Via Claudia Augusta, als Musiker beim Wohnzimmerfestival oder einfach als Reisender mit einem Buch im Gepäck.

Denn genau das macht die FinKa aus: ein Ort, der nicht nur Unterkunft ist, sondern Erinnerung.

Die offene Küche in der FinKa lädt ein zum verweilen.

Kurz und Knapp

Gastfreundschaft im Blut: Von Römern bis zur FinKa – Knödel, Pizza, Wohnzimmerkonzerte und Geschichten, die bleiben.

Die Vinschger Gastfreundschaft hat tiefe Wurzeln: Sie entstand durch die Lage des Tals als Durchzugsgebiet und durch die harte Erfahrung, selbst Fremder zu sein. Von römischen Straßenstationen über die Korrner und Schwabenkinder bis hin zum Tourismus der Nachkriegszeit: Gastfreundschaft war immer ein Teil der Überlebenskunst im Vinschgau.

Die FinKa knüpft an dieses Erbe an – aber auf eigene Weise. Nicht als Hotel, sondern als Herberge mit Seele: Knödel und Pizza, Wohnzimmerkonzerte, das Wohnzimmerfestival, eine Bibliothek, eine alte Badewanne im Garten – und vor allem Begegnungen, die man nicht planen kann.

So ist die FinKa ein Ort, an dem Gastfreundschaft weiterlebt: ehrlich, bodenständig, frei – und immer ein bisschen aus der Zeit gefallen.

Seit wann gibt es Gastfreundschaft im Vinschgau?

Die Wurzeln reichen bis in die Römerzeit zurück. Mit dem Bau der Via Claudia Augusta (15 v. Chr. unter Drusus, später ausgebaut von Kaiser Claudius) wurde der Vinschgau zur wichtigen Nord-Süd-Verbindung. Schon damals gab es Raststationen (Mansiones), die Reisende versorgten.

Warum war Mals so wichtig in der Römerzeit?

Mals lag strategisch günstig: Der Reschenpass war vergleichsweise niedrig und das Tal sanft ansteigend. Hier kreuzten sich Handelswege nach Norden, Süden und Westen. Archäologische Funde belegen römische Siedlungen und Straßenstationen im Raum Mals.

Wer waren die „Korrner“

Korrner waren arme Vinschger, die als Wanderhandwerker durchs Land zogen – etwa als Messerschleifer oder Besenbinder. Sie waren nicht hoch angesehen, wurden aber doch aufgenommen, weil ihre Dienste gebraucht wurden.

Was sind die Schwabenkinder?

Arme Vinschger Familien schickten ab dem 17. Jahrhundert ihre Kinder nach Oberschwaben, wo sie auf Kindermärkten als billige Arbeitskräfte vermittelt wurden. Die Arbeit war hart, aber das Geld war für viele Familien überlebenswichtig.

Wie hat die Arbeitsmigration die Gastfreundschaft geprägt?

Viele Vinschgerinnen arbeiteten nach dem Zweiten Weltkrieg als Dienstmädchen in Italien oder der Schweiz. Sie brachten Erfahrung im Umgang mit Gästen und Haushalten zurück – ein Fundament für den späteren Tourismus im Tal.

Was macht die FinKa heute besonders?

Wir knüpfen an diese Geschichte an: Die FinKa ist bewusst einfach gehalten, mit Selbstversorgerküche, Knödel- und Pizza-Abenden, Wohnzimmerkonzerten und unserem Wohnzimmerfestival. Gastlichkeit bedeutet bei uns: Freiheit, Echtheit und Begegnung.

Für wen ist die FinKa gedacht?

Für Alle: Radfahrer:innen auf der Via Claudia Augusta, Familien, Alleinreisende, Gruppen oder Kulturinteressierte. Kurz: für alle, die mehr suchen als eine „Parallelverschiebung“ in ein austauschbares Hotel.

FinKa erleben!

📩 Reservierung und Zimmerbuchung: info@finka.it
📞 Telefon: +39 0473 427040
🌐 www.finka.it

Quellenverzeichnis:

Die Historische Via Claudia Augusta

https://www.uibk.ac.at/archive/
https://de.wikipedia.org/wiki/Via_Claudia_Augusta
https://www.vuseum.it/roemer

Der heutige Wander- und Radweg Via Claudia Augusta

https://www.viaclaudia.org/geschichten/via-claudia-augusta-geschichten

Schwabenkinder

https://www.vuseum.it/schwabenkinder

Korrner

https://radiofreierfall.blogspot.com/

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